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Abnehmen durch die richtige Atmung – Interview mit Experte Michael Mischor

Kann man sich schlank atmen? Das Fett weg atmen? Ja, zugegeben – das klingt wie ein billiges Werbeversprechen… aber es stimmt tatsächlich: Eine falsche Atemtechnik kann die Ursache für Gewichtsprobleme sein. Im Umkehrschluss wirkt ein gesundes, natürliches Atemverhalten unterstützend beim Abnehmen. Das ist keine Zauberei, sondern angewandte Atemwissenschaft.

Wir von Gymondo haben genauer nachgefragt, bei Michael Mischor, Fitness Experte und Atemverhaltensanalyst aus Berlin. Er ist Gründer des Breathletics-Instituts für angewandte Atemwissenschaften. Er und sein Team von Coaches helfen dort täglich Menschen durch gezieltes Atemtraining dabei, gesundheitliche Probleme wie chronische Kopfschmerzen, Nacken- und Rückenschmerzen, Schlafprobleme, Ängste, Burn Out oder Übergewicht zu lösen.

Im Interview mit Michael erfährst du mehr über das spannende Gebiet der angewandten Atemwissenschaft und deren Möglichkeiten – und natürlich alles über die Zusammenhänge von falscher Atmung und Übergewicht.

Junge Frau am Meer atmet tief durch und breitet dabei die Arme aus

Michael, du bist schon lange in der Fitness Branche tätig und hast jahrelang Übergewichtige im Fitness Studio als Trainer betreut. Welche Erfahrungen hast du mit dem konventionellen Weg des Abnehmens, also Trainingsplan plus Ernährungsberatung gemacht?

„Meine Erfahrungen sind, dass wenn es ums Abnehmen geht meist viel zu viel, viel zu schnell gewollt, Pläne dann besser oder schlechter umgesetzt und danach wieder umso schneller verworfen werden. Wir leben in einer Zeit der Unbeständigkeit und Extreme – heute Crossfit und Paleo, morgen Power Yoga, übermorgen Marathon und Veganer, oder gleich nur noch Proteine…

Das Resultat sind immer öfter orthopädische, herz-kreislauf- und ernährungsbedingte Probleme. Konventionelle Ansätze führen oft wieder in alte Verhaltensmuster von Bewegungsmangel und schlechtem Essverhalten – oder enden in Jojo-Effekten wegen kurzfristig und dogmatisch durchgeführten Ernährungs- oder Fastenprogrammen.

Der goldene Mittelweg von gesunder Bewegung und Ernährung ist für die meisten schwer aufrechtzuerhalten und wird aber leider in der Branche auch nicht wirklich propagiert – weil jeder sein schnelles Patentrezept verkaufen will.

Dabei gilt es doch ein komplettes, ausgewogenes, neues, gesundes Bewegungs- und Essverhalten zu erlernen, welches auch in den Alltag integriert werden kann – und kein Hardcore Express Programm… denn was kommt danach!? Und genau dieses nötige, neue psycho-physiologische Verhalten ist Step by Step mit BREATHLETICS® erlernbar.“

 

Was hat dich dann schließlich dazu bewegt Atemverhaltensanalyst zu werden?

„Im Grunde das Interesse an psycho-physiologischen Problemen, also das menschliche Verhalten besser zu verstehen, analysieren und messen zu können.

Nach über 10 Jahren Arbeit im Fitness- und Gesundheitscoaching habe ich gemerkt, wie wenig wir Fitness-Fachleute eigentlich über die Psychophysiologie der Atmung wissen. Denn trotz meines umfangreichen, sporttherapeutischen Wissens hatte ich mich zeitlebens mit Kopfschmerzen geplagt und keine wirksame Lösung für dieses Problem. Das Studium der angewandten Atemwissenschaften hat mir dann verdeutlicht, wie ich diese bewusst und unterbewusst immer selbst produziert hatte.

Durch dieses Wissen ist es mir gelungen den Teufelskreis zu erkennen und das Problem aufzulösen.“

 

Du hast dich dann umfassend ausgebildet und dich auf dem Gebiet des Atem-Coachings spezialisiert. Welches sind neben Übergewicht die häufigsten Anwendungsgebiete deiner Arbeit?

„Genau wie Übergewicht – sind Erschöpfung (Burn-Out), Rücken- und Nackenschmerzen, Zähneknirschen, Schlaf- und Atemprobleme eine Folge von psycho-physiologischem Fehlverhalten. Das heißt im Klartext: Man spannt bewusst oder unterbewusst unentwegt unnötige Muskulatur an, was dann körperliche Probleme verursacht.

Letztendlich kommt dann noch ein gestresstes oder gar vermeintlich stressreduzierendes bewusst zu tiefes und/oder zu schnelles Atmen hinzu, das im Grunde einer chronischen, latenten Hyperventilation gleichkommt.

So viel falsche Muskelanspannung und ineffektives Atmen bringen den Energiehaushalt schnell ans Limit – und der nächste Zucker-, Koffein- oder Schmerztabletten-Kick muss wieder aushelfen. Ein Teufelskreis mit fatalen gesundheitlichen Folgen.“

 

Für Ärzte ist eine richtige Atemtechnik bei der Behandlung gesundheitlicher Probleme eher Nebensache und auch Fitnesstrainer schenken dem Thema im Grunde null Beachtung. Warum wird deiner Meinung nach die Atmung und ihre Wirkung auf Körper und Geist so dermaßen unterschätzt?

„Ärzte sehen den Faktor Atmen lediglich als Atem-Reflex, hören die Lunge ab und analysieren Blut- und Atemgaswerte. Sie sind jedoch nicht darin geschult Atemverhalten zu analysieren und sehen daher auch viele psycho-physiologische Faktoren nicht im Gesamtbild. Letztendlich ist es natürlich auch eine Zeitfrage.

Fitnesstrainer dagegen erlernen das richtige Atmen zur jeweiligen Übung – hierbei kann der Trainer nur optisch davon ausgehen, ob die Atmung physiologisch korrekt ist. Eine ganzheitliche Bewertung und Analyse von falschem Atemverhalten kann auch er nicht durchführen. Zur Zeitfrage kommt hier auch noch die fehlende Tiefe der Auseinandersetzung mit einem sehr komplexen Thema.“

 

Welche Rolle spielt die richtige oder falsche Atmung bei der Entstehung von Übergewicht? Wie atmet denn ein typischer Mensch mit Übergewicht? Kann man das allgemein beantworten oder sind die Probleme ganz individuell?

„Die erwähnte Überatmung und die daraus resultierende Erschöpfung, sowie der hohe Zuckerverbrauch im Blut erfordert ein rasches Auffüllen der Speicher.

Da diese stressvolle Überatmung aber keine Fettverbrennung induziert und hier zudem auch noch ganz viele Stresshormone mit ins Spiel kommen, die wiederum den Stoffwechsel negativ beeinflussen – atmet man sich quasi ins Übergewicht.

Eine solche Überatmung kann man nur mit einer CO2-Messung bestimmen – optisch ist dies nicht möglich.“

 

Was würdest du aus deiner Erfahrung heraus sagen: Atmet jeder Übergewichtige falsch? Oder gibt es auch Übergewichtige deren Problem nichts mit der Atemtechnik zu tun hat?

„Übergewicht resultiert aus einem falschen Ess- und/oder Bewegungsverhalten.

Diesem falschen Verhalten gilt es auf den Grund zu gehen. Essen ist wie Atmen ein Verhalten und die Gründe dafür sind entscheidend. Wir essen leider nicht bewusst, sondern als Ablenkung, aus Frust, zur Stressreduktion, als Belohnung, aus Gewohnheit z.B. vor dem TV oder aus Langeweile ohne wirklich Hunger zu haben.

Wer schon nicht bewusst isst bzw. Essen nicht als Lebens- und Gesunderhaltung praktiziert – sondern als emotionalen Ausgleich, bei dem kann man auch nicht davon ausgehen, dass er gesund atmet.“

 

Ok, also kann man bei einem Menschen mit Übergewicht ziemlich sicher von einer falschen, unnatürlichen Atemtechnik ausgehen. Wie läuft denn eine Sitzung bei dir grundsätzlich ab? Wie kann man sich so ein Coaching vorstellen?

„Die erste Sitzung beinhaltet ein 90minütiges psycho-physiologisches Interview. Dieses findet an einem Tisch statt und es werden dabei verschiedene physiologische Werte bei unterschiedlichen verhaltenswissenschaftlichen Tests gemessen und analysiert. Anschließend werden die Ergebnisse mit dem Klienten besprochen und ein Reiseplan für das jeweilige Ziel bestimmt.“

 

Ab wann sind die ersten Effekte spürbar? Wie lange dauert ein Coaching im Durchschnitt bis das jeweilige Problem gelöst ist?

„Im besten Fall hat man schon nach der ersten Sitzung einen Aha-Effekt, auf den man oft schon jahrelang gewartet hat. Eine Folgesitzung dauert in der Regel 30-60 Minuten. Leichtere Probleme erlernt der Klient schon oft mit 3-6 Sitzungen zu lösen – hartnäckige Zähneknirscher benötigen ca. 15-20 Sitzungen.“

 

Hast du ein paar Sofort-Tipps für unsere Leser? Zum Beispiel worauf sie bei ihrer Atmung achten sollen?

„In der Regel sollte man darauf achten, dass man sich bei bewusstem oder bewusst stressreduzierendem Atmen auf ein langes, natürliches Ausatmen fokussiert. Denn nichts bringt unser vegetatives Nervensystem so schnell in den Stressmodus wie tiefes Einatmen oder gar ein paar zu tiefe Atemzüge. Bitte nicht!

Ansonsten sollte man beachten den Mund geschlossen zu halten, also mit der Nase zu atmen – dabei hebt sich die Bauchdecke beim Einatmen und senkt sich beim Ausatmen, der Brustkorb bleibt dabei still und bewegungslos. Hierzu kann man eine Hand auf die Brust und eine auf den Bauch legen. Und dann einfach Augen zu und viel Spaß beim Entspannen.“

 

Danke, Michael! Das wird direkt ausprobiert.

 

Michael Mischor

MICHAEL MISCHOR Nach seinem Studium startete er erfolgreich im Sportmarketing - danach fokussierte er sich auf Gesundheit und Fitness. Seit über 14 Jahren hat er umfassende Erfahrung und ein breites Knowhow auf den Feldern Pilates, Sporttherapie, Gesundheitscoaching und Rehabilitationssport. Im deutschsprachigen Raum ist Michael Mischor mit dem Master of Science in Applied Breathing Sciences (Graduate School of Behavioral Health Sciences/USA) der erste graduierte Atemverhaltensanalyst. 2014 gründete er das BREATHLETICS® INSTITUTE und ist europäischer Berater der Graduate School of Behavioral Health Sciences/USA - Universität für interdisziplinäre Postgraduierten-Studiengänge in Verhaltenswissenschaften und Physiologie.Nach seinem Studium startete er erfolgreich im Sportmarketing – danach fokussierte er sich auf Gesundheit und Fitness. Seit über 14 Jahren hat er umfassende Erfahrung und ein breites Knowhow auf den Feldern Pilates, Sporttherapie, Gesundheitscoaching und Rehabilitationssport.

Im deutschsprachigen Raum ist Michael Mischor mit dem Master of Science in Applied Breathing Sciences (Graduate School of Behavioral Health Sciences/USA) der erste graduierte Atemverhaltensanalyst.

2014 gründete er das BREATHLETICS® INSTITUTE und ist europäischer Berater der Graduate School of Behavioral Health Sciences/USA – Universität für interdisziplinäre Postgraduierten-Studiengänge in Verhaltenswissenschaften und Physiologie.

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Carolin Hobler

Carolin ist Groupfitness Expertin und Yogalehrerin. Ihre Texte drehen sich um Themen und Fragen, die ihr als Trainerin immer wieder begegnen.
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